Willst du mit mir gehen?
[ ] Nein
[ ] Nein
[ ] Vielleicht, aber eher nein
(Gastbeitrag)
Nachdem ich nun also Freundinnen hatte, die mich in die Münchner Schickeria
einführten, mich ihren Bekannten vorstellen und die mich wiederum deren
Bekannten vorstellten und so weiter sah meine Welt plötzlich ganz anders aus.
Wir tanzten auf den Tischen, wir feierten bis zum Morgengrauen (yo,
manchmal auch bis die Wolken wieder lila sind) und dachten nicht an Morgen.
Das war in meinem Fall natürlich besonders dumm, weil ich fast jeden
Samstag mit SO einem Schädel in der Vorlesung saß.. Aber was soll’s,
Lehrjahre sind ja bekanntlich keine Herrenjahre.
Wie das Leben so spielt lief ich eines Abends dem Mann in die Arme, der mir
schon seit langer Zeit ins Auge gefallen war.
Nun gut, „in die Arme gelaufen“ ist jetzt vielleicht ein bisschen romantisch
ausgedrückt. Ich hatte mir mit 2 Shots Mut angetrunken und ihn auf der
Tanzfläche angesprochen, weil er scheinbar nicht dazu fähig war, meine
Signale richtig zu deuten. Wir tranken, wir lachten, wir tanzten. Irgendwann
wurden dann selbst wir aufgefordert heimzugehen und es kam, wie es
kommen musste. Ich entschloss kurzer Hand, das ist der perfekte Kandidat für
mein erstes One Night Stand und schubste ihn in mein Taxi, bevor er
überhaupt wusste, wie im geschah. Nun ja, was soll ich sagen? Selbst ist die
Frau.
Am nächsten Morgen fragte er beim Verabschieden nach meiner
Handynummer, ich ruf ihm ein Taxi und er ging seiner Wege. Keine 3 Minuten,
nachdem er zur Tür raus ist, erhalte ich eine Nachricht von ihm. Ob ich nicht
mal mit ihm Essen gehen will. Wer hätte das gedacht? Ich war sprachlos.
Also, direkt von Zero auf hundert, schwer verliebt, Wolke 7 und Crazy in Love.
Nach drei weiteren Treffen, schönen Abendessen, Händchenhaltend über den
Stachus schlendern war ich verzückt. Und naiv. Und dumm.
Eines Wochenendes, als wir nach dem Feiern gemeinsam Heimfahren wollten
erklärte ich ihm, dass wir nicht zu mir könnten, da mein Mitbewohner Besuch
hat. Es schien ihm nur ganz kurz unangenehm zu sein bevor er mit vollster
Gelassenheit sagte „Zu mir können wir aber auch nicht, da ist meine
Freundin“.
Will der mich eigentlich verarschen, dieser kleine H***nsohn?! In drei Wochen
und fünf Dates fiel es ihm nicht ein, besagte Freundin zu erwähnen. Es kam
ihm nicht mal in den Sinn, dass uns in der Öffentlichkeit vielleicht jemand hätte
sehen können. Oder es war ihm schlichtweg egal. Ich weiß überhaupt nicht,
wer von uns beiden jetzt eigentlich dümmer da steht. Ich? Oder seine
Freundin, die nichtsahnend vermutlich gerade seine Socken wäscht?!
Okay ja, sie natürlich. Aber auch ich war fuchsteufelswild! Nach einem lauten
und ja, auch hier und da beleidigendem, Wortgefecht und kleinerer
Körperverletzungen – von mir an ihn – trennten sich unsere Wege.
Ich, in meinem jugendlichen Leichtsinn, verstand die Welt nicht mehr. So eine
bodenlose Frechheit kam mir vorher noch nie unter die Augen. Und wenn man
bei uns daheim am Dorf seine Freundin bescheißt, dann immerhin noch
heimlich! Aber nein, eigentlich gar nicht. Eigentlich heiratet man das Mädchen,
mit dem Mann Ende 20 schon seit acht Jahren zusammen wohnt. Also ich
spreche nicht von mir, selbstredend, sondern von ihr, der Betrogenen. Dem
armen Ding! Und dann aber doch wieder zurück zu mir, ich bin jetzt die Bitch,
mit der ihr Freund sie betrügt. Ohne, dass ich überhaupt weiß wie mir
geschieht und ohne die Macht, ihr wenigstens zu sagen, was für ein Arschloch
ihr Freund ist. Denn ich habe keine Ahnung, wer das ist, weil in dieser scheiß
Stadt eigentlich niemand weiß, wer der andere ist, weil jeder nur Augen für
sich hat und die Anonymität genießt. Offensichtlich, um ungestört untreu zu
sein!
Nach dieser Geschichte musste ich also mit angeknackstem Herz,
angekratztem Ego und angestrengtem Gehirn feststellen, dass Treue
heutzutage nichts mehr ist, was man von seinem Partner voraussetzen kann.
Man wähle mit Bedacht. Und vielleicht mit Lügendetektor, aber auf jeden Fall
mit Bedacht. Und so verging auch mein zweites Jahr in München, mit
Freunden, ohne Freund. Ich inzwischen 20, aber kein bisschen klüger, kein
bisschen weiser..
Fortsetzung folgt…
xx, MARY ME